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Das Glas im Zentrum sinnlicher Wahrnehmung des Weines

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Von Paul Gieler

Essen und Trinken mit allen Sinnen, das wird in unserem Alltag kaum noch beachtet. Das Finale des Weins liegt nicht in dessen Herstellung, nicht in der Abfüllung, sondern im Genuss. Erst das harmonische Zusammenspiel zwischen »Color-Odor-Sapor« fördert das Aroma eines guten Weins nach oben.
Zwischen dem Erwerb und dem Genuss einer Flasche Wein können mehrere Monate oder Jahre vergehen. Mikrobiologische Prozesse in der Flasche formen das edle Getränk. Sie sind verantwortlich für den Reifeprozess. Der Kellermeister kann sich auf seine kleinen Weingeister verlassen, die dem Wein mit der Zeit zu seinem Körper verhelfen.
Wir loben den guten Geschmack, obwohl der Geruch ebenfalls eine wichtige Rolle spielt. Wir alle kennen den »Feinschmecker«, aber wer spricht schon von ei-nem »Feinriecher«? Aber mit der Nase riechen wir, was wir später zu schmecken glauben.
Das Faszinierende des Getränks ist seine sensorische Vielfalt. Die Aromen sind es, die unsere Nasen betören.
Diese Feinheiten kann der Weintrinker nur ergründen, wenn er das richtige Weinglas in Händen hält. Derjenige, der ein ungeeignetes Glas verwendet, verschenkt ein Stück von seinem Duft- und Geruchserlebnis.

Schon die Römer kannten das Glas. Die Erkenntnis, dass die Form des Glases entscheidend für die Aromaentwicklung ist, das ist noch recht neu. Bis in die 1980er Jahre zierten Weingläser aus Kristallglas unsere Tische. Auf den Weinfesten wurde der Wein ausschließlich in kleinen 10cl Glasbechern serviert; zu wenig für ein Weinerlebnis. Das heute gebräuchliche dünnwan-dige Weinglas gründet auf dem Grundsatz, dass die Form der Funktion folgt.
Das Weinglas besteht aus den Elementen: »Fuß, Stiel und Kelch«. Man greift zum Stiel und nicht zum Glas.

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Foto: Paul Gieler

Dadurch bleibt der Kelch sauber und irritierende Düfte, wie Handcreme oder Parfüm, das sich noch an der Hand befindet, werden vermieden. Der Kelch hat unten einen Bauch, der sich nach oben verjüngt. Perfekt für den riechenden Weintrinker.
Das Glas sollte nur zu einem Viertel gefüllt sein, weil der geübte Weintrinker seinen Wein schwenken möchte.
Der Wein öffnet sich und gibt seine Düfte frei. »Der Wein hat eine tolle Viskosität«, hört man so manchen sagen. Gemeint ist damit die Zähflüssigkeit Weins. Sie drückt sich in sogenannten Kirchenfenster aus, die sich nach dem Schwenken bilden. Verantwortlich ist der Zuckeralkohol (Glycerin). Eine erste optische Einschätzung über die Weinqualität ist gemacht.
Über die Nase nehmen wir die verschiedenen Aromen wahr. Jetzt erst wird der Wein verkostet, aber schon bei den voran gegangen Prüfungen haben wir entschieden, ob der Wein uns schmeckt.Im Mund testen wir, ob der Wein süß, sauer, bitter oder salzig schmeckt.

Alles in allem ist der Wein gut, wenn er umami ist, das japanische Wort für wohlschmeckend.
In der Gastronomie werden zu oft zu volle Weingläser gereicht. Schwenken des Weins unmöglich, ohne dabei die Hälfte zu vergeuden. Die Karaffe ist folglich die Alternative für eine individuelle Glasfüllung.
Dem Grundsatz folgend »Die Form folgt der Funktion« haben die Glasmanufakturen drei Grund-typen hervorgebracht. Das Rotweinglas ist das größte, das Weiß-weinglas ist etwas kleiner und das Dessertweinglas, das kleinste von allen.
Weingläser müssen neutral riechen. Die Reinigung sollte mit klarem Wasser erfolgen. Spülmittel beeinflussen den Geschmacks- und Geruchssinn.
Nur demjenigen, der den Ahr-wein im richtigen Glas verkostet, offenbart sich die Seele hiesiger Winzer und Kellermeister.

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